Über die Baubiologie

Baubiologie ist die Wissenschaft und Kunst des gesunden Bauens und Wohnens. Sie betrachtet Gebäude nicht nur als Schutzräume, sondern als Lebensräume, die unser Wohlbefinden tiefgreifend beeinflussen.

Doch was genau steckt hinter dem Begriff „Baubiologie“?

Und warum wird er gerade heute wieder so aktuell?

Der Ursprung der Baubiologie

Der Begriff „Baubiologie“ entstand in den 1960er-Jahren in Deutschland – geprägt vor allem durch den Bauphysiker und Arzt Prof. Dr. Anton Schneider sowie durch den Architekten Wolfgang Maes.

In einer Zeit zunehmender Industrialisierung des Bauens fragten sie sich: Was macht ein Gebäude wirklich lebensfreundlich? Wie wirken sich Materialien, Raumklima und technische Anlagen auf unsere Gesundheit aus?

Baubiologie entwickelte sich als interdisziplinärer Ansatz – also als Zusammenspiel verschiedener Fachbereiche: Architektur, Medizin, Physik, Ökologie und Psychologie fließen hier zusammen.

Die Grundidee ist simpel und tief zugleich: Ein Haus soll dem Menschen dienen – nicht nur praktisch, sondern auch gesundheitlich, emotional und energetisch.

Die 25 Grundregeln der Baubiologie nach dem Institut für Nachhaltigkeit und Baubiologie/ IBN

Kategorie 1: Innenraumklima

  1. Reiz- und Schadstoffe reduzieren und ausreichend Frischluft zuführen

  2. Gesundheitsschädliche Schimmel- und Hefepilze, Bakterien, Staub und Allergene vermeiden

  3. Neutral- oder wohlriechende Materialien verwenden

  4. Elektromagnetische Felder und Funkwellen minimieren

  5. Strahlungswärme zur Beheizung bevorzugen

Kategorie 2: Baustoffe und Raumausstattung

  1. Natürliche, schadstofffreie Materialien mit möglichst geringer . Radioaktivität verwenden

  2. Auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Wärmedämmung, Wärmespeicherung, Oberflächenund Raumlufttemperaturen achten

  3. Feuchtigkeitsausgleichende Materialien verwenden

  4. Auf geringe Neubaufeuchte achten

  5. Raumakustik und Schallschutz optimieren (inkl. Infraschall)

Kategorie 3: Raumgestaltung und Architektur

  1. Auf harmonische Proportionen und Formen achten

  2. Sinneseindrücke wie das Sehen, Hören, Riechen und Tasten fördern

  3. Auf naturnahe Lichtverhältnisse und Farben achten, flimmerfreie Leuchtmittel verwenden

  4. Physiologische und ergonomische Erkenntnisse berücksichtigen

  5. Regionale Baukultur und Handwerkskunst fördern

Kategorie 4: Umwelt, Energie und Wasser

  1. Den Energieverbrauch minimieren und erneuerbare Energiequellen nutzen

  2. Beim Bauen und Sanieren negative Auswirkungen auf die Umwelt vermeiden

  3. Natürliche Ressourcen schonen, Flora und Fauna schützen

  4. Regionale Bauweisen bevorzugen, Materialien und Wirtschaftskreisläufe mit bestmöglicher Ökobilanz wählen

  5. Für optimale Trinkwasserqualität sorgen

Kategorie 5: Ökosozialer Lebensraum

  1. Bei der Infrastruktur auf gute Nutzungsmischung achten: kurze Wege zum Arbeitsplatz, zum öffentlichen Nahverkehr, zu Schulen, Geschäften etc.

  2. Den Lebensraum menschenwürdig und umweltschonend gestalten

  3. In ländlichen und städtischen Siedlungen ausreichende Grünflächen vorsehen

  4. Nah- und Selbstversorgung stärken, regionale Dienstleistungsnetzwerke und Lieferanten einbinden

  5. Baugrundstücke wählen, die möglichst nicht durch Altlasten, Strahlenquellen, Schadstoffemissionen und Lärm belastet sind

Warum Baubiologie heute wichtiger ist denn je

In einer Welt voller technischer Reize, wachsender Umweltbelastung und zunehmender Entfremdung von natürlichen Lebensrhythmen bietet Baubiologie einen wohltuenden Gegenpol mit dem Geist der Rückbesinnung.

Sie erinnert daran, dass wir Teil der Natur sind – und dass unsere Gebäude diese Verbindung nicht unterbrechen, sondern stärken sollten.

Immer mehr Menschen spüren die Auswirkungen schlechter Raumqualität: Müdigkeit, Kopfschmerzen, Schlafprobleme oder Atemwegserkrankungen können mit der Umgebung zusammenhängen. Manche Substanzen können darüber hinaus sogar noch mehr gesundheitlichen Schaden anrichten.

Baubiologie setzt hier nicht auf schnelle Lösungen, sondern auf ein tiefes Verständnis der Wechselwirkung zwischen von Mensch, Raum und Umwelt.

Einige Handlungsvorschläge im Detail

Elektrosmog und Strahlung

Der menschliche Organismus funktioniert durch ein komplexes Netzwerk von Informationen, darunter auch die Elektrobiologie.

Viele Menschen reagieren sensibel auf elektrische, magnetische und elektromagnetische Felder (EMF). Diese entstehen durch die Elektroinstallation des Hauses und hoch- bzw. niederfrequenter Strahlung. Dazu zählen Stromleitungen, WLAN, Handystrahlung oder auch schlecht abgeschirmte Haushaltsgeräte.

Baubiologische Maßnahmen sind hier z. B.:

  • Abgeschirmte Kabel und Steckdosen

  • Netzfreischalter, die einzelne Stromkreise abschalten

  • Reduzierung von Funkstrahlung durch kabelgebundene Endgeräte

Materialwahl

Ein zentraler Grundsatz lautet: So natürlich wie möglich. Baustoffe sollen frei von Schadstoffen, möglichst regional, langlebig und recycelbar sein.

Bevorzugt werden u.a. Massivholz, Holzfaserplatten, Ziegel, Lehm, Kalk- und Silikatfarben, Schafwolle, Zellulose, Hanf, Stroh, etc.

Diese Materialien fördern nicht nur ein gutes Raumklima, sondern wirken oft auch antibakteriell oder feuchtigkeitsregulierend – was Schimmel vorbeugt.

Genereller Verzicht auf z.B. synthetische Schäume, PVC oder Spanplatten mit toxischen Bindemitteln, die ausdünsten und bei Entsorgung zum umweltschädichen Sondermüll zählen.

Licht, Farbe, Akustik

Licht beeinflusst unsere innere Uhr, unser Wohlbefinden und unsere Leistungsfähigkeit. Die Baubiologie empfiehlt:

  • Tageslichtoptimiertes Bauen, z. B. durch angemessen große Fenster, kluge Raumorientierung nach HImmelsrichtung, Blendschutz

  • Vollspektrumlampen für künstliche Beleuchtung, die dem Spektrum des natürlichen Tageslichtes nahekommt

Generell wird der Innenraum in sich harmonisch geplant, sodass alle Sinne angesprochen und berücksichtigt werden, d.h.

  • Achtsamer Umgang mit Farben – sie wirken psychologisch, z. B. beruhigend oder aktivierend, verändern die Raumwahrnehmung und das Temperaturempfinden

  • Akustische Qualität und Stressreduktion durch schallabsorbierende Materialien wie z.B. Holz oder Textilien

Soziale und ökologische Verantwortung

Baubiologie hört nicht an der Haustür auf. Sie fragt auch:

Woher kommen die Materialien?

Unter welchen Bedingungen wurden sie produziert?

Welche Auswirkungen hat das Gebäude auf seine Umgebung?

Nachhaltigkeit bedeutet hier nicht nur Energieeffizienz, sondern auch Ressourcenschonung, soziale Fairness und Kreislaufdenken. Idealerweise ist ein Gebäude langlebig und flexibel umnutzbar, bevor es rückstandsfrei in den Stoffkreislauf zurückgeführt werden kann.

Bauen mit Bewusstsein

Baubiologie ist kein Luxus, sondern ein Ausdruck von Achtsamkeit – für uns selbst, für andere und für unsere Umwelt.

Sie verbindet alte Bautradition mit modernen Erkenntnissen der Wissenschaft und lädt dazu ein, unsere Lebensräume bewusst zu gestalten.

Wer baubiologische Prinzipien berücksichtigt, schafft nicht nur ein schönes Zuhause, sondern ermöglicht einen Ort, der schützt und inspiriert.